Die beiden Filmemacher Björn Kölz und Gernot Stadler haben den österreichischen Schriftsteller Martin Pollack auf seinen Reisen durch zahlreiche osteuropäische Länder, in Österreich und Slowenien begleitet und ein filmisches Portrait dieses Pioniers der dokumentarischen Literatur gedreht.
Die TV- Dokumentation begleitet den aus Oberösterreich stammenden Autor zu den Schauplätzen seines literarischen Schaffens. Vorzüglich sind das die östlichen Gebiete der ehemaligen Donaumonarchie, die sich heute über Polen, die Slowakei und die Ukraine erstrecken. Doch auch die Gottschee als Land seiner Herkunft und das Burgenland als Wohnort und literarische Werkstätte Martin Pollacks sind filmische Anknüpfungspunkte. Neben den Landschaften und ihren Menschen sind es immer auch die Bücher des Autors, die mit den besuchten Orten korrespondieren. Es sind diese Landschaften, Menschen und Bücher, die uns die Möglichkeit geben, aktuelle Bezüge herzustellen und anhand des Vergangenen die Gegenwart besser zu verstehen.
In seinen Büchern entführt uns Martin Pollack stets an vermeintlich unbekannte Orte, in ferne Länder, zu unbekannten Landschaften, die sich bei näherem Hinsehen als gar nicht so fern und unbekannt entpuppen. Und einmal angekommen konfrontiert er uns mit unschönen Wahrheiten, von denen wir vielleicht lieber nichts erfahren hätten. Der Film begleitet den Schriftsteller auf seiner Spurensuche nach Czernowitz oder Lemberg in die Ukraine, jene Gegenden, die einst unter dem Zepter Habsburgs für eine reiche polnisch-jüdisch-deutsch-ukrainisch geprägte kulturelle Vielfalt standen, die von den großen Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, dem NS- und dem Sowjetterror ausgelöscht wurden. Zurückgeblieben sind „kontaminierte Landschaften“, wie Martin Pollack es nennt und ein Land auf der Suche nach seiner Identität. Auch Martin Pollack ist stets auf der Suche nach seiner Identität, wie er in einem Interview im Film sagt, wenn er in Warschau oder in der Slowakei an Orte kommt, an denen sein leiblicher Vater als Leiter eines SS-Sonderkommandos Erschießungen angeordnet hat.
Im Film begegnen wir aber auch langjährigen Weggefährten Martin Pollacks, die zu Freunden geworden sind, wie dem Fotografen Chris Niedenthal, dem Historiker Timothy Snyder oder dem Verleger Vasyl Dronyak. Und schließlich begleitet der Film Martin Pollack nach Tüffer, jenen nahezu mystischen Ort aus den Erzählungen seines Großvaters, der sich viel später als die Kleinstadt Laško im heutigen Slowenien herausgestellt hat. Hier, wo sich sehr bald im 19. Jahrhundert starke Nationalismen zwischen Deutschen und Slowenen entwickelt haben und viele Menschen in den leidvollen Verirrungen des 20. Jahrhunderts einmal Opfer und dann Täter (und umgekehrt) waren, beginnt auch für Pollack die eigene leidvolle Familiengeschichte. Wenn Martin Pollack im Spätherbst durch den Gotscheer Hornwald in Slowenien stapft, in dem sein Großvater eine Jagdhütte hatte und von den tausenden Menschen spricht, die hier nach dem zweiten Weltkrieg ersschossen wurden, wird deutlich, wie untrennbar die Geschichte des 20. Jahrhunderts mit der eigenen Familiengeschichte verwoben ist und die Themen seiner Bücher zwangsläufig ineinandergreifen.
Es sei archäologische Arbeit, die er da vollführt, sagt Pollack im Film, immer auf der Suche nach Spuren und Überresten und nach der eigenen Herkunft. Es sind aber auch ganz einfach spannende Geschichten, die er erzählen möchte.